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Forum: Weltbewegendes

Natascha Kampusch nach 8 Jahren gefunden...

Seiten (4): |< << 1 2 [3] 4 >| (Beitrag 21-30/31)

AutorBeitrag

Naddy

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Wiener Mitglied

Ich find auch das man sie endlich zur Ruhe kommen lassen muss...

die ganzen Medien überhäufen mit Berichten.
Wenn man auf Krone.at guggt sieht man am ersten Blick nur Natascha Kampusch.

Es ist erschreckend das die Berichterstattung trotz der Bitte von Natascha auf Ruhe nicht zurückgeht.
*sing* there is no reason, there's no rhyme, it's crystal clear
i hear your voice and all the darkness disappears.
(c) Anastacia feat. Eros Ramazzotti

28.08.2006 21:57

(Alexandra)

Solang die Nachfrage aber da ist, wirds keine Ruhe geben. Ich wechsle bewußt den Kanal, wenn ich von der Kampusch-Sache was höre, weil ichs nicht wissen will. Die Frau hat das Recht, ein Privatleben zu führen. Und da sieht man doch, wie achtlos Medien mit so einem Thema umgehen. Von Sensibilität und Respekt ist da nicht viel. Und solange Leute die "Krone" wegen diesem Thema kaufen um so lukrativer ist das für so manchen Reporter, diese Geschichte bis ins Endlose zu zerren.

Und ehrlich gesagt, kann ich mir gut vorstellen, dass sie sich jetzt manchmal wünscht, nicht geflüchet zu sein, denn was was hier abgeht, ist wiklich zynisch. Und von solchen Geschichten leben "Bild" und "Krone". Ein Grund mehr, diese Boulevard-Pressen nicht zu kaufen und schon gar nicht ihre Websites zu besuchen. Diese arme Frau ist doch kein Ausstelungsstück, wie bei einer Freak-Show.
Das Geheimnis liegt in der Sosse - Zit. "Grüne Tomaten"
29.08.2006 10:00

(SIR)

Habe mir gestern mit meiner Prinzessin eine sehr intressante Reportage auf ATV angeschaut.
Da wurde auch der schreckliche Fall von Marc Dutroux in Belgien beschrieben und ich glaube, daß der Entführer von Natascha, der "belgischen Bestie" irgendwie nacheifern wollte.
Zum einen baute auch Dutroux Verließe für seine Opfer und er entführte die Kinder ebenfalls mit einem weißen Kastenwagen.
Zumindest zwei Parallelen!!!
The period of pain gives me the strenght to suceed!!!
30.08.2006 21:53

wfw

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freier Partyfotograf

Natascha im TV
Morgen werden wohl enorme Einschaltquoten zu erwarten sein, wenn Natascha im TV interviewt wird. Alle Einnahmen aus der Vermarktung des Interviews gehen an Natascha.

Hoffentlich sind die Finanzmanager des ORF geschäftstüchtig - die ausländischen Boulvard-Medien sollen Unsummen bezahlen.

lg wolfgang
05.09.2006 08:57

(halu)

leider nicht live :-(
und dieser christoph feuerstein (ein entfernter verwandter des weit berühmteren fred - nein, nicht der vom harald schmidt) wird auch nicht die bohrenden fragen gestellt haben.
was interessiert die österreicher wohl am meisten?
die schmutzigen details, das "privatleben" und warum sie nicht schon vorher abgehauen ist ...
nur weil man paranoid ist heißt es noch lange nicht daß man nicht verfolgt wird
05.09.2006 23:58

wfw

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freier Partyfotograf

Das Interview im TV
Es war für mich irgendwie ein ungewöhnliches Interview.

Die Ausdrucksweise von Natascha Kampusch war ein wenig antiquiert und so schön hochdeutsch (wahrscheinlich mangels Kontakt zu anderen Jugendlichen).

Sie hat von ihrem Entführer immer mit "ER" gesprochen - vielleicht um Distanz zu demonstrieren.

Und das, was uns eigentlich am meisten interessiert hätte - ihre Beziehung zum Entführer - wurde eigentlich nicht wirklich besprochen.

Was meint ihr dazu?

lg wolfgang
07.09.2006 07:41

(pixelschubser)

Nach dem Interview
Mir gehen momentan etliche - zum Teil kontroverse - Dedanken durch den Kopf.

Ist so ein Interview in solch einer Situation überhaupt moralisch vertretbar?
Wird Natascha in ein-zwei Jahren genauso auf die gestellten Fragen antworten?
Wer ist hier der große Gewinner in diesem Medienrummel - Natascha oder die Medien?
Wieviel Mitschuld haben wir Leser und Zuschauer an diesem völlig übersteigerten Medieninteresse?

Ganz sicher - ich wünsche Natascha, dass sie die Ziele erreicht, die sie sich gesteckt hat - möglichst aus eigener Kraft, aber auch mit Hilfe von außen (Z.B. durch die Medien, die Ihr ja angeblich so viel versprochen haben). Ich wünsche Ihr auch, dass Sie diese acht Jahre irgendwann einmal "einfach nur" als Teil ihres Lebens betrachten kann, ohne unnötig darunter zu leiden.

Aber Genugtuung wird sie für das, was sie erlebt und erlitten hat, nie erfahren. Wolfgang P. ist tot. Wolfgang P. war ein erbärmlicher Feigling; er musste ein 10-jähriges Mädchen entführen und einsperren, um seine mickrigen Machtgelüste ausspielen zu können. Und dann kam er aus dem Teufelskreis nicht mehr heraus. Er war gezwungen, dieses entsetzliche Spiel weiterzuspielen, weil ihm Intelligenz und Rückgrat fehlten, Natascha frei zu lassen. Und als sie ihre Geschicke in die eigene Hand nahm und floh, beging er Selbstmord. Nein, nicht, weil sein Lieblingsspielzeug weg war! Weil er Angst vor den Konsequenzen hatte, die jetzt unausweichlich auf ihn zurasten! Natascha kannte quasi alles von ihm - sie hätte ihn verraten (müssen), sie hätte die Behörden zu ihm geführt, sein Leben wäre so oder so verwirkt gewesen (man bedenke nur, was seine Mithäftlinge mit ihm angestellt hätten, wäre er verhaftet und verurteilt worden...). Wolfgang P. hat einen Pakt mit dem Teufel geschlossen und sein Todesurteil selbst unterschrieben.

Aber wieder zurück zum Kernthema:
Ist dieser Medienrummel, diese Sensationsgier, dieser unverholene Voyeurismus moralisch noch vertretbar? Nein, sicher nicht. Aber leider wird es noch schlimmer kommen. Schlagzeilen werden auftauchen: "Natascha: Ja, ich war ihm gefügig!" oder "Natascha: Nacktbilder gefunden!" oder sonst etwas grausliges. Natascha wird sich in der Sensationspresse Ohrfeigen einfangen, wie sie bisher noch neimand erlebt hat - das Gelechze der Presse wird noch erheblich schlimmer sein, als bei Lady Dianas Tod. Und Natascha wird in den nächsten Jahren noch mehr leiden, als sie es ohnehin schon musste.
Und zu alledem gehen als die großen Gewinner einzig die Medienkonzerne heim, die mit solchen Sensationsnachrichten ihre Auflagen exponentiell steigern konnten. Natascha - ach ja, die bekommt auch ein Scherflein, soll ja nicht ohne ausgehen...

Aber: sind acht Jahre Isolationsfolter mit Geld aufzuwiegen?
07.09.2006 16:00

Naddy

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Wiener Mitglied

Naja wenigstens werden die Einnahmen aus den Interviews in Natascha's Fond gesteckt.. zu gunsten Natascha bzw der neuen Foundation die sie startet für entführte, missbrauchte Menschen.
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(c) Anastacia feat. Eros Ramazzotti

07.09.2006 17:32

(herbertbauer)

Transkript Natascha Kampusch Interview
Hallo,

Ich war so beeindruckt von Natascha Kampuschs Interview, dass ich es komplett transkribiert habe, hier ist es:


Gesendet am 6.9. 2006 um 20:15 auf ORF 2.

Thema-Presenter:
Ganz kurz noch, drei Punkte dazu: Erstens, das Interview wurde mit den betreuenden Ärzten von Natascha Kampusch bis ins Detail abgesprochen, auch um zu vermeiden, dass es zu Rückschlägen bei der Behandlung kommen könnte. Zweitens waren beim Interview der betreuende Psychiater Max Friedrich und ihr Medienberater Dietmar Ecker anwesen, bewusst wurden auch immer wieder Pausen eingelegt. Und drittens ist Natascha Kampusch im Moment ziemlich verkühlt, verschnupft, deshalb die etwas raue Stimme, und sie muss auch immer wieder die Augen, die noch immer extrem lichtempfindlich sind, für längere Zeit schließen. Mein Kollege Christoph Feurstein, der den Fall für uns seit 8 Jahren begleitet, hat mit Natascha Kampusch das Interview geführt.

Christoph Feurstein (CF):
Ganz viele Menschen haben mich in den letzten Tagen gefragt, wie’s Ihnen geht, und es ist unglaublich, dass Sie jetzt da sitzen und ich sie fragen kann, Frau Kampusch, wie geht’s Ihnen?

Natascha Kampusch (NK):
Ja, den Umständen entsprechend gut.

CF:
Sie sind jetzt zwei Wochen in Freiheit, wie haben Sie diese neue Freiheit erlebt, was machen Sie die ganze Zeit jetzt?

NK:
Naja, in erster Linie mich von den Strapazen der Flucht erholen, mich entspannen, mit meinen Eltern telefonieren, ich hab mich gestern und vorgestern mit meiner Mutter schon getroffen. Auch bei der Polizei hab ich mich schon mit meinen Eltern getroffen. Und gestern habe ich zum ersten Mal meine jüngere ältere Schwester getroffen, die Sabine, und gestern hat mein Neffe Geburtstag gehabt und er hat sich gewunschen, dass ich ihn anrufe, was ich auch gestern erledigt hab, obwohl ich so viel zu tun habe.

CF:
Sie sind im Stress!

NK:
Schon!

CF:
Wer sind denn so die Menschen, mit denen Sie jetzt am meisten sprechen, denen Sie auch am meisten vertrauen?

NK:
Ja, also ... denen ich am meisten vertraue, hm ... der Dr. Friedrich zum Beispiel. Aber auch die ganzen Psychologen und so, die sich um mich kümmern. Aber hauptsächlich vertraue ich eigentlich meiner Familie und auf mich halt.

CF:
Mhm, das ist gut.

NK:
Ja.

CF:
Sie sind da jetzt auch ziemlich von der Außenwelt abgeschirmt. Sie haben ja auch in Ihrem Brief geschrieben, dass es Ihnen sehr gut geht, und dass man Sie ‚supergut’ behandelt – Sie haben aber auch gesagt, dass man Sie vielleicht ein bisschen bevormundet.

NK:
Ja, das wollte ich gerade andeuten. Es ist ... es ist wirklich sehr schwer, sich da ... also alle Leute wollen da einen beeinflussen, sie wollen, sie meinen es zwar gut aber ... zum Beispiel die ersten Nächte haben sie versucht, mich dazu zu bringen, zu schlafen. Sie wollten am Anfang nicht verstehen, warum ich um vier Uhr in der Früh schon munter bin, und mich erst um elf oder so schlafen lege. Ich hab sie davon überzeugt, dass ich das schon selbst in den Griff bekommen werde und ohne Schlafmittel oder sonst irgendwelche Medikamente auskomme.

CF:
Sie sind eine Frühaufsteherin?

NK:
Ja, sicher.

CF:
Was war der erste Wunsch, den Sie sich erfüllt haben?

NK:
Hm ... Kann sich da irgendwer erinnern?

CF:
Ist nicht so wichtig. Es hat wahrscheinlich so viele gegeben ...

NK:
Ja, schon ... es gab sehr viele Wünsche und der hauptsächliche Wunsch, den ich mir in den letzten Tagen erfüllt habe, ist die Freiheit.

CF:
Was ich eigentlich wissen wollte, weil Sie ja sehr abgeschirmt sind von der Öffentlichkeit, ich wollt eigentlich fragen, waren Sie trotzdem schon draußen? So spazieren, einkaufen ...

NK:
Naja einkaufen war ich nicht ... ich war inkognito Eis essen.

CF:
Wie hat dieses Inkognito ausgeschaut?

NK:
Also ich war mit dem Dr. Berger auf der Währinger Straße in einem Eissalon, aber wir wollen da nicht Werbung machen [lacht]. Ja und da haben wir uns einen Eisbecher bestellt. Ich hatte eine Sonnenbrille auf und ein Kopftuch um, und ja ... da hat man mich nicht erkannt. Es war ... wir sind auch mit der Schnellbahn oder was ... mit der U-Bahn sogar ... wir sind mit der U-Bahn gefahren und es war toll, die Menschen alle anzulächeln und keiner hat mich erkannt, äh, ja.

CF:
Haben Sie schon außerhalb des Betreuerteams, das sie ja ständig umgibt, Freundschaften schließen können?

NK:
Ja, sozusagen auf der Station da wo ich aufgehoben bin, hab ich schon Freundschaften geschlossen.

CF:
Das heisst, Sie sind jetzt auch schon mit anderen jungen Menschen zusammen ...

NK:
Genau.

CF:
... mit denen man sich gut unterhalten kann.

NK:
Genau. Auch mit jüngeren, mit so zehnjährigen oder so.

CF:
Wie war das erste Wiedersehen mit Ihren Eltern?

NK:
Ja ... also das Komische war, dass meine Eltern, so wie sämtliche Verwandte mehr geweint ... also sie haben geweint, mich umarmt und gedrückt und ich ... also ich weiß nicht ... in dem Moment, äh, hm ...

CF:
Es war ein bissl viel ... emotional?

NK:
Ja schon, ich hab mich ein bisschen überfordert und beengt gefühlt durch dieses plötzliche Einfallen ... also die Polizisten zum Beispiel dort, die haben’s ja auch nicht gefasst, die wollten mich fast vor Glück zerquetschen, ja also ...

CF:
Sie brauchten etwas, um das zu realisieren?

NK:
Ja sicher, sicher, weil also ... nicht so sehr ich, sondern die Polizisten, weil die haben ... sie haben mir erzählt, dass sie ein paar Tage, bevor ich floh, noch eine Genehmigung beantragt haben, um nach meiner Leiche zu graben oder so. Und sie haben die Hoffnung schon fast aufgegeben. Dazu muss ich sagen, meine Mutter hat die Hoffnung nie aufgegeben, dass ich noch lebe.

CF:
Ich weiß.

NK:
Und ...

CF:
Was ist das für eine Verbindung jetzt? Wenn man sagt, acht Jahre liegen da dazwischen, unglaublich.

NK:
Ja, das liegt bei uns nicht dazwischen. Die Öffentlich meint ja, ich sei kein gutes Kind, oder meine Mutter sei keine gute Mutter, weil sie mich nicht sofort bei sich haben möchte. Oder ich sie bei mir haben möchte. Aber bei uns ist es eher so als wären überhaupt, als wäre überhaupt gar nichts geschehen.

CF:
Schön. Wie ist das ... ich habe damals ja auch Ihre Schwestern kennen gelernt. Und die hatten ja ganz kleine Kinder damals, die sind ja jetzt groß, haben Sie die wiedererkannt, wie war das?

NK:
Naja, ich habe sie noch nicht gesehen. Aber auf Fotos, ich hab sie natürlich wieder erkannt, und ich hab sogar eine neue Nichte dazubekommen, 7 Jahre ist sie jetzt, die kleine Alina, und ja, ich hab mich sehr gefreut, dass ich jetzt noch eine Verwandte dazuhab.

CF:
Eine Nichte schon?

NK:
Na sicher, wenn das die Kinder von meiner Schwester ....

CF:
Aso, ja stimmt, ich war jetzt immer bei Cousin und Cousine, aber stimmt, das sind ja schon Nichten.

NK:
Ja, ich damals schon eine neue Cousine, was heisst eine neue, eine kleine, sie war ungefähr zwei Jahre oder so damals, die wird jetzt auch schon ungefähr zehn sein. Und ich hatte, weiß nicht wie alt meine ältere Cousine ist, die wird jetzt auch eine junge, erwachsene Frau sein.

CF:
Was haben Sie sich ... In diesen zwei Wochen haben Sie sich sicher viele Gedanken über Ihre Zukunft gemacht, was haben Sie für Pläne? Gibt’s einen Berufswunsch?

NK:
Naja, konkrete Berufswünsche gibt es noch nicht, ich möchte zuerst meine Bildung komplettieren und die Matura machen und vielleicht studieren, aber ich weiß noch nicht, was ich studieren möchte.

CF:
Irgend jemand hat mir erzählt, dass Sie gerne Schauspielerin werden möchten.

NK:
[Lächelt verlegen] Ja, aber sein wir uns ehrlich, Hollywood ist auch nicht so ...

CF:
Muss ja nicht immer Hollywood sein. Wir haben ja auch in Österreich ...

NK:
Ja das mein ich ja nicht, ja ...

CF:
... ein schönes Burgtheater.

NK:
Ja, meine Mutter hat immer gesagt, wenn du groß bist, kommst du auf die Burg.

CF:
Also was mich schon interessiert, also dieser Berufswunsch, rein schon der Gedanke, ich hab ja von Ihnen schon Kinderfotos gesehen, früher wo ich gesehen hab, Sie haben sich ja auch gern verkleidet.

NK:
Ja, schon.

CF:
Ich hab Sie da mit Hüten gesehen, und auch ein bisschen schon geschminkt. Hat das auch damit zu tun? War das auch schon damals ...

NK:
Ja schon, auch. Außerdem war das immer so eine Art Alibi, Geburtstag zu feiern oder so ... also ich mein ... weil ich feierte gern, aber ich möchte auch nicht irgendwie sagen ich möchte feiern, ich habe den Geburtstag dann immer zum Anlass genommen. Und es mussten sich dann immer auch alle verkleiden, das mit dem Verkleiden hat mich irrsinnig amüsiert. Überhaupt so, Kleidungsvorschriften, für mich eigentlich nicht, aber für die anderen.

CF:
Lesen Sie eigentlich auch alles, was über Sie, oder über den Fall Natascha Kampusch jetzt in den Zeitungen veröffentlicht wird?

NK:
Im Prinzip möchte ich mich nicht mit solchen Verunglimpfungen, Verleumdungen und Demütigungen belasten, momentan. Das ist auch zu viel, ich könnte mir nicht jede Zeitung zu Gemüte führen, ich hab so viel zu tun ... medizinische Untersuchungen, Gespräche, alles mögliche.

CF:
Was sind denn so die Dinge, die Sie am meisten ärgern? Ich denke mir das ist jetzt auch ein guter Ort ...

NK:
Also zum Beispiel so Sachen ... die einfach der Unwahrheit entsprechen. Missbrauch, oder ... vor allem ärgern mich diese Fotos von meinem Verlies, weil das geht niemanden etwas an, ich möchte auch nicht in die Wohnzimmer und Schlafzimmer von denen Leuten schauen. Warum sollen diese Leute dann morgens ihre Zeitung aufschlagen und in mein Zimmer schauen? Das ist schon ein Eingriff in die Persönlichkeit und ich glaub das geht einfach niemanden was an.

CF:
Sie sagen jetzt auch selber ‚das Verlies’. Weil im Brief haben Sie ja geschrieben an uns alle, es war Ihr Raum.

NK:
Naja, das hat mir der Dr. Friedrich so vorgeschlagen, um ehrlich zu sein. Es ist ja auch mein Raum, aber trotzdem, Verlies klingt einfach besser. Weil es kommt ihm nahe, weil es ist unterirdisch und ... ja, die deutsche Sprache bietet einfach nicht mehr Möglichkeiten.

CF:
Ich hab gehört, dass Sie ein Buch schreiben wollen. Und zwar wollen Sie nicht, dass irgend jemand ein Buch über Sie schreibt, sondern Sie wollen es selbst schreiben.

NK:
Ja, ich werde vielleicht, oder auch nicht, ein Buch über mich schreiben, aber ich möchte auf keinen Fall, dass sich irgend jemand anderer als Experte über mein Leben ausgibt. Wenn, dann schreib ich das selbst.

CF:
Was wollen Sie denn mit diesem Buch erzählen?

NK:
Das weiß ich noch nicht, da ich noch nicht sicher bin, ob ich überhaupt je ein Buch schreiben werde.

CF:
Auf der Titelseite einer Zeitung habe ich gelesen, „Natascha Kampusch – das begehrteste Gesicht der Welt“ ....

NK:
[stöhnt, streckt Zunge heraus]

CF:
Ist dieses enorme mediale Interesse etwas zu viel für Sie?

NK:
Biss... Was heisst da bissl zu viel, ja, schon. Aber auf der anderen Seite ist mir dadurch klar geworden, durch diese Berühmtheit, und wie Sie es gesagt haben, dem begehrten Gesicht, dass ich dadurch halt eine gewisse Verantwortung hab, und die auch nützen möchte. Mir ist klar geworden, dass man das nicht einfach so verstreichen lassen sollte, sondern dass man das auch zu seinem eigenen Vorteil und zu dem Vorteil von vielen Menschen, denen man helfen kann, also ich plane, eine Foundation zu gründen, wo ich gewisse Hilfsprojekte aufstellen möchte, die sich mit ... mit der Thematik eben, zum Beispiel eben verschwundenen Leuten, die nie gefunden worden, so wie ich ...

CF:
Sie haben gesagt, dass Sie auch für etwas spenden, selbst für etwas spenden wollen.

NK:
Es geht dann auch um diese verschleppten, missbrauchten und gefolterten und ermordeten jungen Frauen, die in Mexiko verschwinden ... da gibt es eine gewisse Gegend, wo sehr viele Frauenmorde passieren, da werden die Frauen vor oder nach der Arbeit gekidnappt und auf bestialischste Art und Weise misshandelt. Und da möchte ich auch eingreifen mit ... also ich möchte das Geld verwenden, um weitere Fälle zu verhindern. Und ferner plane ich, da ich ja weiß, wie entwürdigend und unmenschlich es ist, andere Leute hungern zu lassen ... ich möchte Hunger leidende Menschen sozusagen ... ich möchte ein Programm aufbauen, das die Leute sich selbst also helfen können, den Hunger zu bekämpfen, sie sollen ...

CF:
Sie haben vorher gesagt, dass Sie aus eigener Erfahrung kennen, was Hunger heisst. Was meinen Sie damit, was meinen Sie damit, wollen Sie uns darüber etwas erzählen?

NK:
Ja ... ich hab in meiner Gefangenschaft auch sehr oft gehungert und hab dadurch auch miterlebt, was man da alles hat, Kreislaufbeschwerden, Konzentrationsschwierigkeiten, man ist nur noch zu den primitivsten Gedanken fähig, man kann sich gar nicht mehr auf irgend etwas fixieren, man hat nur noch so ... ja, jedes Geräusch, jedes Kratzen ist schon so aufreibend und schmerzend, jeder Gedanke quält sich aus einem heraus, und ich kann mir vorstellen, dass diese Leute unmenschliche Qualen durchmachen müssen, und deswegen möchte ich mich dafür einsetzen, dass die, ja zumindest dass die Kinder dort was Gutes zum Essen kriegen, weil das setzt sich auch ... ich mein die Intelligenz ... wir tun ja immer so, als wenn wir so gescheit wären, aber wenn wir das ganze Essen nicht hätten, würden wir ... würden wir auch blöd sein. Ich mein, es lässt sich ja leicht reden, die roden dort die Wälder und so, aber wenn man einen irrsinnigen Hunger hat, was soll man denn sonst machen? Man kann ja nicht mehr denken, wenn man nichts zu essen hat.

CF:
Sie haben an Ihrem Brief an die Medien sehr symbolhaft geschrieben, er habe Sie auf Händen getragen und mit Füßen getreten. Sie seien aber gleich stark gewesen.

NK:
Ich finde ja eher, dass ich stärker war, mhm.

CF:
Inwiefern?

NK:
Naja. Er hatte einfach eine labile Persönlichkeit. Ich hatte einfach dadurch, dass ich früher ein gesundes soziales Umfeld hatte, eine, naja nicht unbedingt glückliche, aber eine liebevolle Familie, also beide Eltern haben mir immer wieder glaubhaft versichern können, dass sie mich lieben. Und er, er hatte so etwas nicht. Ihm fehlte in gewisser Weise so etwas wie Selbstsicherheit und sowas. Diese, diese Geborgenheit, das hat ihm gefehlt.

CF:
Das muss aber auch im Laufe der Zeit passiert sein, dass Sie sich dessen bewusst geworden sind.

NK:
Im Prinzip war ich mir schon innerhalb der ersten paar Stunden dessen bewusst, dass ihm etwas fehlt, dass er ein Defizit hat.

CF:
Frau Kampusch, wollen Sie uns erzählen, was an diesem Morgen, dem 2. März 1998, passiert ist?

NK:
Ja ... das möchte ich. Also ich bin in der Früh aufgestanden, hab natürlich noch nicht geahnt, was passiert. Ich war sehr traurig, es gab am Abend eine Auseinandersetzung mit meiner Mutter, weil mein Vater mich zu spät nach Hause brachte und das schon öfter vorkam und das ... ja, meine Mutter war vordringlich auf meinen Vater böse aber irgendwie auch auf mich. Und ... ich war sehr traurig darüber, weil es war nicht der erste diesbezügliche Streit und so. Übrigens, das was mit dieser Auseinandersetzung da geschildert wurde in den Medien, dass meine Mutter mir eine Watschen gegeben haben soll oder so, äh, das stimmt nicht. Oder jedenfalls nicht in der Form, wie das in den Medien geschildert wurde. Ich war einfach nur so geknickt. Bevor ich aus der Wohnungstür gegangen bin hab ich mir noch gedacht ... meine Mutter hat nämlich diesen Merksatz, dass sie meinte ... man soll nie böse auseinander gehen, man soll sich immer vertragen und ... weil es könnte ja ihr oder mir etwas passieren, und wir sehen uns nie wieder, was ja fast passiert wäre, und ... ich dachte mir in der Tür noch, „Mir ist eh bis jetzt noch nie etwas passiert, also vertrag ich mich jetzt zum Trotz jetzt extra nicht mit meiner Mutter.“ Und, ich bin dann in die Schule gegangen, wie heisst die Gasse, Mollardgasse, Me-lan-gasse, genau, Melangasse, also bis zu der Melangasse, und, dort, aus einigen Metern Entfernung habe ich ihn schon dort bei seinem Auto stehen gesehen und ich dachte mir noch, ich wechsle die Straßenseite, ich weiß nicht, aus irgendeinem Bauchgefühl heraus vermutete ich, ich weiß nicht, es war mir einfach unangenehm. Was man auch über diese ‚Kinderverzahrer’ gehört hat, in der Schule und so, und, ich weiß auch nicht warum, und dann hab ich dieses Bauchgefühl aber meiner emotional aufgeladenen Stimmung, und bin einfach, dachte mir, „der wird dich schon nicht beißen“, und bin einfach weiter gegangen, und er packte mich, ich versuchte zu schreien, aber es ist nicht ... es kam kein Laut raus. Äh ... ja.

CF:
Wie war da ... hat er da schon etwas zu Ihnen gesagt, hat er da schon mit Ihnen gesprochen?

NK:
Also bei dem Reinzerren, also bevor er, während des Startens hat er schon gesagt, dass mir nichts passiert oder so, wenn ich das mache, was er sagt, und dass ich ruhig sein soll, und mich nicht rühren soll, und dann später, also ein paar Minuten später hat er dann schon gesagt, dass das angeblich eine Entführung ist, und wenn meine Eltern was zahlen dann könnt ich noch am selben Tag, oder am nächsten Tag wieder zuhause sein.

CF:
Haben Sie den Weg dann real mitbekommen, also ich mein, da müssen Sie ja unglaubliche Ängste ausgestanden haben.

NK:
Ich hatte vom ersten Moment an eigentlich überhaupt ... außer den schlimmsten Befürchtungen, was er mit mir anstellen könnte, keinerlei Angst, im Gegenteil, ich dachte mir: Der bringt dich sowieso um, also kannst du deine letzten paar Stunden, Minuten oder was auch immer, noch gezielt nützen, um wenigstens zu versuchen, irgend etwas daraus zu machen, zu fliehen oder auf den einzureden oder so irgendwie.

CF:
Haben Sie auf ihn eingeredet?

NK:
Naja, ich hab ihm gesagt, dass das nichts wird und dass Unrecht gut nie gedeihen wird und dass ihn die Polizei schon schnappen wird und so.

CF:
Wie war das dann beim Haus?

NK:
Beim Haus.

CF:
Wollen Sie darüber sprechen?

NK:
Ja, also: Beim Haus war’s dann so, weil ich mir dachte, vielleicht kann ich irgendwelche Einzelheiten des Hauses erkunden, vielleicht kann ich irgendetwas erkennen, und mir dann später der Polizei ... ich war zum dem Augen... Moment ... zu diesem Zeitpunkt noch sicher, dass mich die Polizei finden und befreien wird, und dass das ein gutes Ende haben wird ... nehmen wird.

CF:
Wollen Sie beschreiben, wie das war, als Sie das erste Mal den Kellerraum gesehen haben?

NK:
Ja, also das erste Mal hab ich den Kellerraum überhaupt nicht gesehen, weil es dort stockdunkel war. Es war keine Lampe ein, also geschraubt. Die brachte er erst nach einigen Minuten oder – weiß nicht – einer halben Stunde oder so.

CF:
Sie waren also zuerst im stockfinsteren Raum?

NK:
Ja genau. Ich war sehr verzweifelt und sehr wütend, und hab mir, hab mich darüber geärgert, dass ich die Straßenseite nicht gewechselt habe oder dass ich nicht mit meiner Mutter in die Schule gefahren bin. Das war sehr ... ja, es war furchtbar.

CF:
Wollen Sie uns erzählen ...

NK:
Vor Ohnmacht auch, dieses Weinen vor Ohnmacht, dass man nichts dagegen machen kann.

CF:
Wollen Sie uns erzählen über die Stille, die dort geherrscht haben muss? Wie haben Sie das denn damals als Zehnjähriges Mädchen gespürt, es war ja auch finster ...

NK:
Also, da war ein Ventilator. Ach so, Sie meinen in den ersten Minuten.

CF:
Auch später.

NK:
Na später, na es war ein Ventilator, und ich konnte dieses ewige Geräusch des Ventilators am Anfang kaum ertragen, es ist mir zumindest dermaßen auf die Nerven gegangen, es war furchtbar. Und ich habe beinahe klaustrophobische Zustände bekommen in diesem kleinen Raum, und schlug mit Mineralwasserflaschen an die Wände und mit den Fäusten, um ... ja, ich weiß nicht, auch damit irgendwer mich auch hört oder so ... ich weiß nicht, und wenn er mich nicht irgendwann rauf ins Haus mitgenommen hätte, damit ich ein bisschen mehr Bewegungsfreiheit hab, ich weiß nicht ob ich dann nicht wahnsinnig geworden wäre.

CF:
Können Sie sich erinnern, wann dieser Moment war, dass er Sie ins Haus mit hinauf genommen hat? War das nach Jahren, war das nach Monaten?

NK:
Nein, das war nach einem halben Jahr. Da durfte ich dann immer zum Waschen rauf. Also, baden im Badezimmer und so.

CF:
Aber ein halbes Jahr waren Sie nur in dem Keller?

NK:
Ja.

CF:
Wie haben Sie sich über die Außenwelt informiert? Was haben Sie mitbekommen?

NK:
Am Anfang eben nicht viel. Die ersten zwei Jahre habe ich keine Nachrichten sehen dürfen. Er hat gemeint, dass vielleicht auch etwas über mich gebracht würde, ich weiß nicht was er für Gründe hatte, warum er mir keine Nachrichten zeigte.

CF:
Nach zwei Jahren haben Sie dann Radio bekommen, was noch, wie ist das dann weiter gegangen?

NK:
Naja, nach zwei Jahren hab ich dann einfach die Nachrichten im ORF oder so gehört ... nicht jetzt dass ich mich einschmeichle [laughs]. Aber ja, also ... Zeitungen hab ich am Anfang eigentlich nur Wochenzeitungen bekommen. Und dann durfte ich auch Zeitungen lesen. Er hat mir einfach ... er hat’s gelesen, dann hab ich’s gelesen, dann hat er jede einzelne Seite durchgeblättert, ob ich nicht irgend etwas drauf geschrieben hab. Das war seine Paranoia. Überhaupt, er hat immer alles kontrolliert und untersucht, dass ich ja keine Botschaft schreibe oder so. Oder Nachrichten verschlucke, die ich dann ... die dann irgendwie ... ich weiß auch nicht, er war sehr paranoid.

CF:
Haben Sie Geburtstag, Weihnachten, Ostern gefeiert, so die großen Feiertage auch für einen Jugendlichen, eine Jugendliche?

NK:
Äh, ja, ich hab Geburtstag, Weihnachten und Ostern gefeiert.

CF:
Haben Sie das auch mit Herrn Priklopil gefeiert?

NK:
Ja sicher hab ich es mit Herrn Priklopil gefeiert, ich hab ihn dazu genötigt, es mit mir zu feiern. Ja, er hat mir viele Sachen geschenkt, Ostereier oder Weihnachtsgeschenke und so. Schließlich waren das einfach ... andere Kinder und Jugendliche können sich etwas kaufen, ich konnte mir natürlich dort nichts kaufen. Und er war offenbar der Meinung, dass er mir wenigstens auf diese Art eine gewisse Entschädigung oder Gleichberechtigung mit den anderen Menschen draußen in der normalen Realität gibt.

CF:
Da sagen Sie etwas Interessantes. Glauben Sie, hatte er ein schlechtes Gewissen?

NK:
Ja, irgendwie schon sehr, sehr. Irgendwie war das so zwiespältig. Ich glaube, er hatte ein sehr starkes schlechtes Gewissen, aber er versuchte es massivst zu verdrängen und abzuleugnen und gerade das hat sozusagen gezeigt, dass er ein schlechtes Gewissen hat.

CF:
Sie waren ja nicht immer alleine in dem Haus. Es war ja auch oft die Mutter vom Herrn Priklopil da. Haben Sie das mitbekommen, wie haben Sie das mitbekommen?

NK:
Ja, ich hab es mitbekommen, indem er vorher erzählt hat, dass seine Mutter kommt. Und nachher war eben das Haus oben blitzeblank geputzt und manchmal waren auch Sachen, die sie brachte dort und vorgekochtes Essen oder so. Ja. Einfach alles. Ich ... hab es einfach bemerkt.

CF:
Sie haben vorher gesagt, er wollte Meldungen verstecken über die Suche nach Ihnen.

NK:
Ja.

CF:
Haben Sie gar nichts über diese Suchaktionen mitbekommen?

NK:
Später dann schon, weil ich ihm gesagt habe, dass das nicht Recht wäre, diese Informationen, da sie ja mich betreffen, zu entziehen.

CF:
Hat er Ihnen über Ihre Eltern etwas erzählt?

NK:
Äh, ja.

CF:
Ich meine das war jetzt, wie die reagieren, hat er Sie da unter Druck gesetzt?

NK:
Ach so, nein, er meinte meine Eltern würden sich nicht um mich kümmern oder nach mir suchen. Und später meinte er, dass meine Eltern im Gefängnis gewesen wären, was ich dann auch erfahren habe dass es stimmt. Weil man verdächtigte zu diesem Zeitpunkt relativ viele Menschen, die dann in Untersuchungshaft waren damals. Das hat er mir schon erzählt, aber er schilderte es mir ein bisschen überzeichnet und übertrieben. Aber ich habe gleich gewusst, dass das nicht der Fall ist, dass meine Eltern jetzt im Knast sitzen oder so.

CF:
Sie haben ihm nicht geglaubt?

NK:
Nein.

CF:
Ich war mehrmals nach Ihrem Verschwinden in Ihrem Kinderzimmer auch. Ihre Mutter hat mir das gezeigt, könnten Sie sich vorstellen, dorthin zurückzukehren, wo all die Erinnerungen sind an die Zeit vor der Entführung?

NK:
Ja also leben werde ich glaub ich nicht mehr dort, aber ich werde ab und zu bei meiner Mutter dort in dem Zimmer übernachten. Und jetzt haben sie ... also meine Mutter hat das nicht fertig gebracht, die Tapeten umzufärben, aber jetzt haben sie es gemacht, also ... mit Überwindung haben sie vor ein paar Monaten den Teppich rausgerissen, den alten grauen, ich hab ihn so irrsinnig gehasst, war äußerst hässlich, und einen neuen Teppich, ich glaube grün oder so, und meine Nichte darf dann ab und zu bei meiner Mutter übernachten. Und ja die Tapeten sind orange oder so. Jetzt gefärbt. Frisch, weil meine Mutter hat’s eben nicht über sich gebracht, es zu machen. Sie hat die Möbeln zwar schon von den Wänden gestellt, aber hat lange gezaudert bis sie ... ja sie konnte es einfach nicht. Sie hat’s einfach nicht über sich gebracht, die Tapeten ... weil sie nicht wusste ob mir die Farbe gefallen würde, die neue.

CF:
Frau Kampusch, Sie haben ja auch öfters mit Herrn Priklopil das Haus verlassen.

NK:
Ja.

CF:
Wie war das, wie hat er sich da verhalten?

NK:
Naja. Er war sehr vorsichtig, ist kaum von meiner Seite gewichen, hat jedes Mal panikartige Zustände bekommen, wenn ich auch nur drei Zentimeter von ihm entfernt gestanden bin, er wollte immer, dass ich vor ihm gehe und nie hinter ihm, damit er mich immer im Auge behalten kann und ich konnte mir keiner Menschenseele anvertrauen, weil er drohte mir immer damit, dass er denen Menschen etwas antun würde wenn ich etwas sage. Dass er sie umbrächte, jeden Mitwisser beseitigen würde und das konnte ich nicht riskieren.

CF:
Das heisst, wie war denn das jetzt für Sie, Sie haben ja viele Menschen eigentlich getroffen, oder viele, einige Menschen, denen haben Sie in die Augen geschaut, und Sie konnten nichts ....

NK:
Ja, schon, und es gab auch viele Menschen, denen ich versucht habe, Zeichen zu geben. Es gab auch schon viele Sachen, wo’s eigentlich ... aber, aber die Leute denken natürlich in dem Moment nicht an sowas, und kommen nicht auf die Idee, ich hab zum Beispiel in einer Zeitung gelesen, dass dieser Mann, also das stimmt auch, weil ich mich an diese Begebenheit erinnern kann, viele Sachen stimmen natürlich nicht. Ich habe gelesen, dass äh ...

CF:
In Oberösterreich?

NK:
Nein, es war aber nicht in Oberösterreich.

CF:
Aber diese Geschichte, das war zum Beispiel, Sie waren wirklich in einem Geschäft, und haben versucht, dort mit dem Verkäufer Kontakt aufzunehmen, indem Sie geblinzelt haben.

NK:
Ja, mit vielen Leuten. Aber generell, ich konnte denen ... also es war nicht genug Zeit, dass ich denen das erläutere, ja, hätte ich nur einen Mucks gemacht, hätte er das schon unterbunden und mich weg gezerrt oder selbst wenn es dann zu spät gewesen wäre, die Person umgebracht oder mich umgebracht oder was auch immer. Musste immer mit der ... ja es war furchtbar. Aber wo ... Sie haben mich jetzt abgebracht von dem Thema, was haben wir zuerst gerade gesprochen gehabt?

CF:
Eigentlich schon über das. Wir haben gesprochen, wenn Sie das Haus verlassen haben, Sie haben ja Menschen getroffen. Wie war das, wenn Sie denen in die Augen schauen, wenn Sie wissen, „hilfe!“?

NK:
Ja genau, beispielsweise diese netten Verkäufer im Baumarkt zum Beispiel, die dann einen so fragen, „Kann ich Ihnen helfen?“ oder so, ja ... und ich steh da so panikartig und verklemmt und mit Herzklopfen und Kreislaufproblemen dort und kann mich kaum rühren, und ich muss dann so hilflos zuschauen wie der den Verkäufer da abwimmelt und hab grad noch die Möglichkeit den Verkäufer da anzulächeln, weil er so freundlich ist, ich mein, der weiß das ja nicht und ja ... es ist ... ich hab nämlich versucht, ein bisschen so zu lächeln, wie ich auf den Fotos ausschaue, damit sich die Leute an mein Bild erinnern, weil auf Fotos lächelt man ja meistens. Ja es war wirklich ... und ich hab am Anfang auch die Menschen nicht so vertragen. Ich war es ja nicht gewohnt, und viele Menschen sind sehr missmutig und feindselig und das ist natürlich auch sehr unangenehm.

CF:
Mhm. Wenn Sie wollen, ich hab nur die Frage, wenn Sie das nicht beantworten wollen, sagen Sie sofort stopp. Nur um das zu verstehen, das Verhältnis zum Herrn Priklopil, der auf der einen Seite Sie total überwacht hat, Sie kontrolliert hat, Sie entführt hat, wie war sein Wesen? Wie war er, wenn man jeden Tag mit diesem Menschen zu tun hat? Haben muss?

NK:
Hin und wieder hat er mir sogar in gewisser Art und Weise vorgeschlagen, wie ich ihn sozusagen hintergehen könnte und fliehen könnte und so. Also innerhalb von seiner Paranoia da ist ihm das sozusagen eingefallen. Und es war fast so, als würde er absichtlich wollen, dass irgendwann, dass ich irgendwann einmal frei bin, also sozusagen, dass das schief läuft, dass die Gerechtigkeit siegt oder so.

CF:
Was war denn am Tag der Flucht anders als sonst, wo Sie sich immer so bedroht gefühlt haben?

NK:
Ich wusste in dem Moment, wenn nicht jetzt, dann vielleicht nie mehr wieder. Ich hab geschaut, er hat sich umgedreht, ich hab ihm in den Monaten davor auch schon gesagt, „ich kann so nicht mehr leben, ich werde sicherlich versuchen, von dir zu fliehen“. Ja und ich dachte mir, wenn nicht jetzt, weil ich hatte auch eine irrsinnige Sorge, seine Mutter, seine näheren Freunde und Nachbarn und Bekannten, denen ihr Weltbild zu ruinieren und zu zerstören, weil schließlich, Sie wissen eh, er war der nette, hilfsbereite Typ, immer freundlich, immer korrekt. Ich wollte das auch seiner Mutter nicht antun, dass sie diese andere Seite von ihrem Sohn kennen lernt, da das schon durchgedrungen ist, dass sie ein sehr gutes Verhältnis zu ihm hat, dass sie ihn sehr liebte und er auch sie mochte, sehr, ja. Und es tut mir auch jetzt irrsinnig leid für die Frau Priklopil dass dieses Bild sozusagen zerstört ist und sie hat und sie hat ihren Glauben an die Welt verloren an diesem Tag und den Glauben an ihren Sohn, und ihren Sohn auch. Und der Herr Priklopil hat an diesem Tag sowohl mich, ich war mir ja völlig bewusst, wo ich geflohen bin, dass ich damit auch ihn zum Tode verurteile, weil er mir immer mit Selbstmord drohte. Er hat sowohl mich, also auch den Herren, der ihn zu dem Bahnhof fuhr, und auch den Schnellbahn-Schaffner indirekt zu Mördern gemacht.

CF:
Wie haben Sie es gelernt, in diesen acht Jahren mit dieser Einsamkeit umzugehen?

NK:
Ja, also ich war nicht einsam, in meinem Herzen war meine Familie, und glückliche Erinnerungen waren immer bei mir und ich hab mir eines Tages geschworen, dass ich älter werde, stärker und kräftiger, um mich eines Tages befreien zu können, ich hab sozusagen mit meinem späteren Ich einen Pakt geschlossen, dass es kommen würde, und das kleine zwölfjährige Mädchen befreien.

CF:
Das war der ganze ... das war immer ihr Traum während der ganzen acht Jahre? Von was haben Sie denn da so geträumt?

NK:
Nein, ich hatte eher so Gedanken, was mir so alles entgangen ist. Der erste Freund, alles mögliche. Ich hab versucht, beispielsweise, immer besser zu sein als die Leute da draußen. Oder gleich mit ihnen zu ziehen. Vor allem was die Schulbildung betrifft. Also ich hatte immer das Gefühl, dass ich ein sehr starkes Defizit habe, einen Mangel, und das wollte ich immer irgendwie ausgleichen, und deshalb habe ich versucht, mir Wissen anzueignen und mich selbst zu bilden und mir Fertigkeiten beizubringen. Ich hab mir zum Beispiel auch im Selbststudium Stricken beigebracht und so.

CF:
Jetzt können Sie Ihren Träumen freien Lauf lassen.

NK:
Ja. [erleichtert]

CF:
Was sind Ihre Träume?

NK:
Naja. Jetzt sind wir wieder bei diesen Träumen.

CF:
Möchten Sie die Welt sehen, zum Beispiel?

NK:
Ja, ich möchte reisen, ich möchte reisen. Ich dachte mir beispielsweise mit meiner Familie eine Art Kreuzfahrt und so. Außerdem freue ich mich auch schon, sollte ich die Matura dann bestehen, auf eine Maturareise. Aber natürlich nicht mit Alkohol und Gröhlen und so, sondern schon eine schöne. Also nicht dieses ‚Sommer Splash’ oder so mit All-Inclusive, sondern schon etwas Schönes und ...

CF:
Meer, Strand, Sonne?

NK:
Mmmm ... ja, so in der Art.

CF:
Gibt es ein Lieblingsziel?

NK:
Jo ... nein, aber es ist erstaunlich, ich hab in den letzten Tagen festgestellt, dass ich und meine Schwestern uns nicht sehr unähnlich sind, wir haben sehr viele ähnliche Eigenschaften und Wünsche und Bedürfnisse. Äh ... es ist komisch, ich hab bei der Polizei mit meiner Schwester, wo ich sie zum ersten Mal wieder gesehen hab, darüber gesprochen, dass ich einmal in den Zug steigen möchte und in Berlin aussteigen möchte, und sie hat gesagt, sie hat diese Reise bis jetzt noch nicht gemacht, weil ihre andere Schwester das nicht mit ihr machen wollte. Und dann hat sie gemeint, jetzt wo ich da bin, hat sie wenigstens jemanden, mit dem sie das machen kann.

CF:
Auf nach Berlin, kann man da nur sagen.

NK:
Ja.

CF:
Frau Kampusch, ich danke Ihnen ganz herzlich für dieses Gespräch, hat mich wahnsinnig gefreut, Sie kennenzulernen. Bleiben Sie so stark, vielen Dank.

NK:
Danke.
07.09.2006 20:41

(Sepp)

Weiß ja nicht wie ihr das seht.
Sicherlich ist das schlimm, 8 jahre eingesperrt zu
kann man sich nicht vorstellen.
Aber ich finde das die Presse, ihr jetzt psychisch
"den Rest gibt"
Man sollte sie meiner Meinung einfach mal in Ruhe
lassen, und mal wieder aufhören.
mfg Ich
17.09.2006 17:19

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